Fürst zu Stolberg-Wernigerodesche Bibliothek

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Die Bibliothek heute

Fürst zu Stolberg-Wernigerodesche Bibliothek


Die Bibliothek heute

Grundstock für die heutige Bibliothek bilden Bestände, die nach der Wende im Zuge des 1994 in Kraft getretenen Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) aus Einrichtungen der ehemaligen DDR restituiert worden sind. Im Wesentlichen stammen diese Bände aus der Universitäts– und Landesbibliothek in Halle an der Saale, aus der Stadtbibliothek in Magdeburg, aus der Harzbibliothek in Wernigerode sowie aus der Kulturstiftung des Landes Sachsen-Anhalt. Zusätzlich wurden weitere Bestände in die heutige Sammlung eingebracht - etwa solche, die von Christian-Henrich Fürst zu Stolberg-Wernigerode (1922-2001) während der Deutschen Teilung angesammelt wurden. Und zu guter Letzt aber mit umso größerer Symbolkraft, finden durch Schenkungen und Rückgaben enteignete Bände wieder ihren angestammten Platz in der Bibliothek. Diese kommen von Privatpersonen, Antiquariaten, Auktionshäusern und Staaten, die vormals der Sowjetunion angehörten.

Ziel war und ist es, die Bibliothek möglichst vollständig wieder in ihrem historischen Zusammenhang der Wissenschaft und Forschung zugänglich zu machen. Der Prozess dauert an: Die rechnerische Lücke, die sich ergibt zwischen dem Bestand, der 1948/1949 an die Landesbibliothek überführt wurde, und dem, der bis Juli 2019 restituiert worden ist, beträgt immer noch etwa 12.500 Bände sowie eine unbekannte Anzahl Mappenwerke und Karten. Ein Teil dieses Schwundes gelangte vermutlich auf den Markt für antiquarische Bücher. Denn bis heute werden zahlreiche Bücher angeboten, die vormals enteignet worden waren. Wo immer möglich werden Anbieter und Käufer von Büchern mit einer solch belasteten Provenienz Geschichte kontaktiert und auf die Genese des im Zuge des Kunstraubes in der Sowjetischen Besatzungszone eingetretenen Verlustes aufmerksam gemacht. So konnten zahlreiche Bände wieder in der Stolberg-Wernigerodeschen Bibliothek eingeordnet werden. 

Die Bände, die durch diese viele Jahre andauernde Recherche- und Sammlungstätigkeit angesammelt wurden, wurden zunächst in Luisenlust in Hessen - seit 1535 Familienbesitz des Hauses Stolberg - zentral gesammelt und gelagert. 2015 wurden die bis dahin gesammelten Bände in angemietete Räumlichkeiten in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt gebracht und dort über zwei Jahre von einem externen Team von Fachleuten katalogisiert und in der Datenbank des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes und des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes erschlossen. Parallel wurde in Luisenlust ein Gebäude eigens für die Bibliothek grundsaniert und nach modernen Standards zum Bibliotheksgebäude ausgebaut. Nach erfolgter Katalogisierung und Erschließung wurden die Bände in rund 1.000 Kisten verpackt wieder nach Luisenlust gebracht, wo sie in der nun wiederhergestellten historischen Systematik aufgestellt wurden.

Die bereits wieder rund 37.000 Titel umfassende Sammlung hat ihren Schwerpunkt im Bereich der Theologie und der Kirchengeschichte sowie im Raum Harz und der ehemaligen Grafschaft Wernigerode mit einem umfassenden regional- und familiengeschichtlichen Bestand - ein in dieser Weise einmaliges Spezialgebiet der Bibliothek. Daneben stehen – lückenhafter – überlieferte Bestände aus dem Bereich der antiken, der deutschen und französischen Literatur, juristische, geschichtliche und geographische Werke und andere. Neben rund 100 Inkunabeln enthält die Bibliothek Druckwerke ab dem 16. Jh., ferner rund 1.200 Handschriften, mehr als 4.000 Graphiken, Karten und Pläne, eine bislang nicht erfasste Anzahl von historischen Fotos, eine aus dem 18. Jh. stammende Katalogmaschine sowie eine sogenannte „Wunderkammer“ mit Naturalienkabinett und eine archäologische Sammlung (ehemals Sammlung Augustin). 

Der Zustand der Handschriften, Bücher Graphiken, Atlanten und Karten ist angesichts der wechselvollen Geschichte der Bestände im Allgemeinen gut. Den weit gereisten Bänden aus den ehemaligen Teilrepubliken der Sowjetunion, vor allem aus der Republik Georgien sieht man ihr Schicksal deutlicher an als den in der DDR überdauernden Beständen. Kooperationen zur Sicherung und Restaurierung von einzelnen Beständen sind wünschenswert.

Im heutigen Bestand können etwa 75 Titel dem Begründer der Bibliothek Graf Wolf Ernst zu Stolberg (1546-1606), rd. 12.800 Titel Graf Christian Ernst zu Stolberg Wernigerode (1691-1771), ca. 950 Titel Fürstin Eleonore Maximiliane zu Stolberg-Gedern, geborene Gräfin Reuss von Lobenstein (1737-1782), rd. 860 Titel der sogenannten Radeckeschen Sammlung, rd. 225 Titel Anton Heinrich Walbaum (1696 - 1753) und ca. 70 Titel Fürst Christian-Ernst zu Stolberg-Wernigerode (1864-1940) zugeordnet werden. 

Mit etwa 50.000 Bänden befindet sich der größere Teil der historischen Stolberger Bibliothek als kriegsbedingt verbrachtes Kulturgut noch immer in Bibliotheken der russischen Republik und Nachfolgestaaten der GUS. Und noch heute werden in der Bodenreform enteignete Bände der Bibliothek auf dem Markt für antiquarische Bücher angeboten. Diese Bände sind somit der Wissenschaft und Forschung im Kontext der historischen Bibliothek entzogen. Dennoch bieten die auch heute wieder in Luisenlust bei Hirzenhain zusammengeführten Bestände mit ihrem Schwerpunkt im Bereich der Theologie und der Kirchengeschichte einen bemerkenswert dichten Überlieferungsbestand zur Entwicklung der lutherischen Theologie, umfangreiche Primärbestände der theologischen Debatten und der "zweiten Reformation" sowie eine dichte Überlieferung zum Pietismus und missionarischen Aktivitäten des 19. Jahrhunderts.


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